Datenschutz und betriebliche Mitbestimmung

Der Betriebsrat - Wächter der Mitarbeiterdaten oder Innovationsbremse für Unternehmen?

Der Titel wurde bewusst etwas pointiert gewählt, um das Spannungsfeld aufzuzeigen, in dem sich ein Betriebsrat bei der betrieblichen Mitbestimmung und der Wahrnehmung seiner Informationsrechte im Bereich Datenschutz bewegt. Er trifft diese Herausforderung gut: Einerseits gilt es, die Interessen der Beschäftigten engagiert zu vertreten, andererseits ist es wichtig, den Wandel der Digitalisierung mit zu bedenken und praxisnah zu begleiten.

Betriebsräte in Österreich: Wie viele gibt es wirklich?

In Österreich gibt es laut dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) über 70.000 Betriebsratsmitglieder. Doch wie viele Betriebe tatsächlich einen Betriebsrat haben, lässt sich nicht genau beziffern. Die jüngste öffentlich zugängliche Studie der Arbeiterkammer Wien stammt aus dem Jahr 2019, wodurch aktuelle Vergleiche schwierig sind.

Was macht ein Betriebsrat?

Kurz gesagt: Er vertritt die Interessen der Arbeitnehmer*innen gegenüber der Unternehmensleitung und hat dabei umfassende Informations-, Überwachungs- und Mitwirkungsrechte.

Zu den Kernaufgaben gehört die Überwachung der Einhaltung von Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen. Außerdem hat der Betriebsrat das Recht, Informationen zu allen Themen einzufordern, die die wirtschaftlichen, sozialen oder gesundheitlichen Interessen der Beschäftigten betreffen. In Arbeitnehmer*innenschutzfragen kann er nicht nur beraten, sondern muss auch rechtzeitig in Entscheidungsprozesse eingebunden werden – etwa bei der Einführung neuer Technologien oder Arbeitsmethoden. In bestimmten Fällen, wie bei Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, ist seine Zustimmung sogar zwingend erforderlich.

Neben diesen Rechten hat der Betriebsrat auch eine wichtige Vermittlerrolle: Er erleichtert die Kommunikation zwischen der Belegschaft und der Unternehmensleitung, indem er als zentrale Ansprechstelle fungiert. Durch spezialisierte Mitglieder kann er sich gezielt Themen wie Datenschutz, Arbeitnehmer*innenschutz oder Diversity Management widmen – und so zu einer fairen und zukunftsorientierten Arbeitswelt beitragen.

Nähere Informationen auch hier und hier.

Datenschutz und betriebliche Mitbestimmung sind eng miteinander verknüpft. Ein Betriebsrat hat gesetzlich verankerte Informations- und Mitbestimmungsrechte, aber natürlich auch Pflichten im Umgang mit personenbezogenen Daten. Wie kann eine effiziente und datenschutzkonforme Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Unternehmen aussehen?

  • Kein pauschales Informationsverbot: Datenschutz darf nicht als Vorwand genutzt werden, um dem Betriebsrat gesetzlich vorgesehene Informationen zu verweigern.
  • Umgekehrt: Die DSGVO macht auch vor dem Betriebsratsbüro nicht halt – sensible Daten sind mit entsprechender Sorgfalt zu behandeln. Es gilt darüber hinaus eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht für Betriebsratsmitglieder. 
  • Strukturierte Austauschformate in Form von "Datenschutz-Ausschüssen", verschiedene Ansätze sind dabei möglich:
    • Einseitige Information: Unternehmen stellen dem Betriebsrat die erforderlichen Informationen bereit.
    • Interaktiver Austausch: Betriebsrat als "Advocatus Diaboli", der hilft, Datenschutzmaßnahmen kritisch zu hinterfragen.
    • Vorbereitung von Betriebsvereinbarungen: Gemeinsame Erarbeitung zur Wahrung der Interessen beider Seiten.
    • Wichtig: Jede*r Beteiligte*r hat eine klar definierte Rolle - der/die Datenschutzbeauftragte ist neutrale*r Expert*in und berät nach Maßgabe der Bestimmungen der DSGVO, er/sie handelt nicht für oder gegen den Betriebsrat. 

Abschließend my personal 2 cents: 

Es wäre sicherlich eine wertvolle Bereicherung, wenn sich nicht nur Datenschutzexpert*innen intensiv mit den technischen Möglichkeiten und Herausforderungen von Software-Anwendungen und neuen Technologiesystemen auseinandersetzen, ebenso könnte es für Betriebsrät*innen von großem Vorteil sein, sich in diesem Bereich weiterzubilden. Auf diese Weise lassen sich die Auswirkungen solcher zunehmend komplexen Systeme auf die Mitarbeiter*innen noch besser verstehen und fundiert einschätzen. Ein tiefergehendes Verständnis kann dazu beitragen, den Dialog zwischen allen Beteiligten zu erleichtern und gemeinsam praxisnahe und praktikable Lösungen zu finden.


EXKURS:
MICROSOFT OFFICE 365

Die österreichische Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) hat vor Kurzem eine umfassende Übersicht zum Thema Microsoft Office 365 und Betriebsvereinbarungen veröffentlicht, inklusive Handreichungen zu einzelnen Funktionen und Applikationen. 

Unabhängig davon, ob man diese Einschätzungen ebenfalls teilt (oder ihnen ggf. auch widerspricht), bietet dieses Dokument jedenfalls auch eine gute Orientierung für Datenschutzexpert*innen, um sich mit der arbeitsverfassungsrechtlichen Sicht aus gewerkschaftlicher Perspektive mit dem Thema vertraut zu machen.